von Michael Krennerich
Flugzeuge zu bauen, ist ein langwieriges Unterfangen. Da gibt es keine zwei Meinungen. Selbst bei erprobten Konstruktionen und vorgefertigten Komponenten dauert der gemeine Flugzeugbau etwa 500 bis 2000 Stunden, habe ich zumindest im Internet gelesen. Noch länger dauert es mutmaßlich, wenn spezielle Flugmaschinen hergestellt werden, wie die Air Force One oder Robbis und Tobbis Fliewatüüt. Flugzeugingenieure tun daher gut daran, schon früh ihr Handwerk einzuüben. Bereits der Modellbau kann hilfreich sein; Hardy Krüger (alias Heinrich Dorfmann) stellte dies im Kinoklassiker „Der Flug der Phönix“ eindrucksvoll unter Beweis. Der erste Schritt ist aber der Bau von Papierfliegern. Diese waren in meiner Schulzeit allgegenwärtig, flogen sie doch kreuz und quer durchs Klassenzimmer. Meine Konstruktionen erwiesen sich hingegen nicht wirklich als flugtauglich. Seinerzeit kümmerte mich dies wenig, da ich ohnehin kein Flugzeugingenieur werden wollte und die angesagten Mädchen in der Klasse ganz gewiss nicht auf Papierflieger-Bastler standen. Zu Studienzeiten holte mich jedoch meine Inkompetenz ein – und das kam so:
Am Schreibtisch sitzend und aus dem Fenster schauend, sah ich drei Jungs auf der Straße beim Spielen zu. Plötzlich klingelte es an Tür. Ein kleiner Hosenmatz blickte mich mit großen Augen an und hielt ein Blatt Papier hoch. „Kannst Du mir einen Flieger machen?“, fragte er. „Klar“, antwortete ich und begab mich sofort ans Werk, während der Kleine sich in meiner Bude umsah. „Du hast aber viele Bücher. Hast Du die alle gelesen?“, fragte er. „Nur die Asterix-Hefte hinten in der Kiste“, antwortete ich geschäftig. Der Kleine schaute neugierig in die Ecke, wo ich hingedeutet hatte, rührte sich aber nicht vom Fleck. Inzwischen hatte ich in Windeseile, aber doch mit einer gewissen Liebe zum Detail, einen wohlgeformten Überschallflieger angefertigt, der Concorde nicht unähnlich. Stolz überreichte ich ihm das Teil und noch stolzer rannte er damit hinaus zu seinen Freunden, deren Papierschwalben bereits ihre Kreise in den Lüften zogen. Bliebe zu erwähnen, dass meine Concorde schon beim ersten Wurf eine astreine Bruchlandung hinlegte, mitten in eine Pfütze. Die Enttäuschung war dem Kleinen deutlich ins Gesicht geschrieben.
Warum erzähle ich Ihnen das? So recht weiß ich es selbst nicht. Irgendwie fand ich den Hosenmatz putzig. Bis heute bin ich etwas traurig, dass ich ihn damals enttäuschte. Was wohl aus ihm geworden ist? Ingenieur oder doch eher Psychologe? In die Verlegenheit, weitere Papierflugzeuge bauen zu müssen, kam ich übrigens nicht mehr. Kinder spielen nicht mehr damit, und das ist wohl auch gut zu. So habe ich Zeit und Muße auf dem Balkon zu sitzen, den Vögeln beim Fliegen zuzuschauen und mir vorzustellen es ihnen nachzutun. Wird wohl nicht klappen. Aber wer weiß? Angst verleiht ja bekanntlich Flügel. Das wussten schon Maulaf und Dompaf, als sie sich in „Asterix und die Normannen“ mit ihren furchtlosen Nordmännern auf eine Studienreise ins ferne Gallien begaben, um fliegen zu lernen. Und keine Frage: Etwas bange kann einem bei all den Fluggeräten schon werden, die geschäftstüchtige Denkfabriken und Konstruktionsbüros längst ausgedacht und entwickelt haben. Darunter sind anziehbare Jetpacks, Air-Taxis und Lieferdrohnen von Online-Shops noch die harmlosesten. Wo das alles endet? Nun, bereits (der von den Normannen entführte) Grautvornix wusste, dass man beim Sprung von der Klippe sich um die Flugroute keine Sorgen machen muss. Die steht von vornherein fest.