Eigenlob stinkt gar nicht

von Michael Krennerich

„Herr Aiwanger, wir bräuchten mehr Politiker wie Sie, mit Verstand und Pragmatik. Mit dem Ohr am Bürger, und nicht wie viele andere weltfremd im Wolkenkuckucksheim. Sie sind ein Kämpfer und haben sich ihren Posten als bayr. Wirtschaftsminister hart erarbeitet gegen Widerstände.“

So lautete der Tweet, den der bayerische Wirtschaftsminister – schenkt man der Twitter-Gemeinde Glauben – vor einiger Zeit erhielt. Die Tatsache, dass der Tweet von Hubert Aiwangers eigenem Account versandt wurde, verlieh dem Ganzen eine gewisse Authenzität. Die bösartige Twitter-Community überschüttete indes den armen Niederbayern mit Spott und Häme. Ich kann die Aufregung beim besten Willen nicht verstehen. Aiwanger weiß doch am besten, was für ein toller Kerl er ist. Da ist es nur folgerichtig, dass er selbst das Lob verfasst, das so gewiss kein anderer Mensch in Bayern, Deutschland und der Welt formulieren gekonnt hätte. Hätte er denn den Tweet unter falschem Namen verschicken sollen, wie dies möglicherweise andere Politiker und Politikerinnen tun? Das wäre ja Betrug an der Twittergemeinde und käme dem stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten nie in den Sinn, denn er scheint mir doch eine durch und durch ehrliche Haut zu sein.

Ohnehin gibt es unverblümtes Eigenlob wahrlich nicht nur in der Politik. Denken Sie nur an … Moment. Leider muss ich hier unterbrechen; gerade kommt ein Mail herein: „Herr K. wir bräuchten noch mehr Literaten wie Sie. Ihre Texte sind einfach wunderbar. All die vielen schönen Um- und Selbstlaute! Es kann doch wirklich kein Zufall sein, dass Sie alphabetisch zwischen G wie Goethe und S wie Schiller stehen. Machen Sie weiter so!“ Na, wer sagt’s denn.

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