Sprachen sind eine prima Sache

von Michael Krennerich

Sprachen sind eine prima Sache. Mit ihnen kann man sich verständigen, so ganz von Mensch zu Mensch und inzwischen auch von Mensch zu Maschine. Mittlerweile lassen Menschen sogar Computer an ihrer statt reden, aber da bin ich raus. Mit meiner Intelligenz ist es zwar nicht weit her, aber sie ist zumindest natürlich. Für Sprachverwirrungen sorge ich also schon selbst.

Ein Beispiel: Als ich des Spanischen noch nicht wirklich mächtig war, unterhielt ich mich mit meiner ecuadorianischen Kollegin über unsere Familien. Eigentlich wollte ich fragen: Quántos hermanos tienes? (Wie viele Geschwister hast Du?), sagte aber: „Quántos jamones tienes?“ (Wie viele Schinken hast Du?). Sie war, gelinde gesagt, etwas irritiert. Heute würde ich wohl wegen solcher sprachlichen Feinheiten meines Jobs verlustig gehen. Als Entschuldigung lud ich sie damals zu einem Bier ein, bestellte aber leider zwei „Cervantes“ (spanischer Autor) statt „Cervezas“ (Biere). Immerhin: Inzwischen bin ich zumindest sprachlich Vegetarier und kämpfe auch nicht mehr gegen spanische Windmühlen.

Aber Achtung: Selbst wer das Spanische beherrscht, ist nicht vor peinlichen Fehlern gefeit. Als meine sprachbegabte Hanna vor langer Zeit im baskischen Bilbao lebte, kochte sie mit großen Gas-Kartuschen (auf Spanisch: bombonas), die stets angeliefert wurden. Als ihre bombona leer war, fragte sie unschuldig in ihrem Mietshaus nach, wann die bomberos kämen. Da es sich aber hierbei um Feuerwehrmänner und nicht um säumige Lieferanten handelte, löste sie in der Nachbarschaft, der seinerzeit Bombenanschläge nicht fremd waren, eine mittelschwere Panik aus.

Umgekehrt sind Spanier*innen in Deutschland ebenfalls eine Fundgrube für liebenswerte Sprachkreationen. Einfach köstlich ist das „E“, das sie jedem deutschen Wort voranstellen, das mit „S“ und einem weiteren Konsonanten beginnt. Wer hebt nicht gerne in der Esparkasse Geld ab? Und statt der Kohlensäure im Sprudel bevorzugen sie Mineralwasser „ohne gas“. Unschlagbar ist aber die schon betagte, quicklebendige Mutter unserer spanischen Freundin Maria Lourdes. „Viel Espaß im Fikis-Nikis“, wünscht sie ihrer Tochter, wenn diese ins Fitnessstudio geht. Kann man irgendwie auch missverstehen.

Um solche Malheurs zu vermeiden, bereite ich mich gewissenhaft auf Auslandsreisen vor. Als Hanna und ich kürzlich nach Paris fuhren, kaufte ich mir noch am Bahnhof ein Französisch-Konversationslexikon, um während der Zugfahrt einen Crash-Kurs in der so wohltuend klingenden, aber mir völlig fremden Sprache unserer Nachbarn zu absolvieren. In der Stadt der Liebe angekommen, wusste ich nun, wie ich einen Kaffee bestellen oder mich nach einer Autowerkstatt erkundigen könnte, falls ich irgendwann mal einen Citroën mieten und dieser zu Bruch gehen sollte. Génial. Im Laufe unseres Aufenthalts beschlich mich aber der leise Verdacht, dass mich nicht alle in Paris umstandslos verstanden, so dass ich meine Lernbemühungen bald einstellte. Nun höre ich einfach nur Franzosen und Französinnen zu, wie sie Deutsch sprechen. Einen schöneren Akzent gibt es nirgendwo.

In den Wissenschaften wird hingegen leider fast nur noch Englisch geschrieben und gesprochen. Irgendwie verständlich, weil es wichtig ist, dass ein in schlechtem Englisch verfasster wissenschaftlicher Beitrag über die niederbayerische Kommunalpolitik auch im abgelegenen Ian Cooke City oder auf Point Nemo gelesen, gewürdigt und möglicherweise sogar zitiert werden kann. Doch irgendwie bedauere ich, selbst wenn ich Hegel und Heidegger nicht verstehe, dass die altehrwürdige deutsche Wissenschaftssprache goes to the dogs. So bleibt mir nichts anderes übrig, als mein Pfälzer Englisch zu verbessern. Zu diesem Zweck habe ich mir eigens die gesamten DVDs der britischen Serie „Der Doktor und das liebe Vieh“ bestellt, die vor einigen Jahren neuverfilmt wurde. Nun genieße ich allabendlich das heile Landleben eines Tierarztes im fernen Yorkshire und feile an meinem nordenglischen Akzent. Bleibt zu hoffen, dass ich bald mal in eine traditionsreiche englische Universität zum Vortrag eingeladen werde, um mit dem so erlernten Vokabular über die Wehwehchen von Kühen zu brillieren. Vorsichtshalber nehme ich aber doch meinen Klapprechner mit dem Übersetzungsprogramm mit.

Zurück zur Glossen-Übersicht „Ungewöhnliche Begegnungen“