Das verschwundene Handy

von Michael Krennerich

Hergehört, Freunde der „3 Fragezeichen“! Weder werdet Ihr das nachfolgende Rätsel lösen noch die Geschichte glauben, die ich Euch erzähle. Aber alles, was Ihr lest, ist wahr und hat sich genau so zugetragen. Vor kurzem verschwand mein Mobiltelefon. Am Anfang war ich nur wenig beunruhigt. Nicht selten verlege ich das gute Teil, ohne mich um entgangene Anrufe und Nachrichten sonderlich zu kümmern. Meine Freunde kennen mich und sind nicht wirklich besorgt, wenn ich mich tagelang nicht melde.

Nach einer Weile machte ich mich dennoch auf die Suche. Zu Beginn noch beiläufig, indem ich mal hier, mal dort Umschau nach dem kleinen Rumtreiber hielt. Dann weitete ich die Suche aus. Am Ende hatte ich überall in der Wohnung nachgeschaut, selbst im Kühlschrank und in der Waschmaschinentrommel. Allmählich wurde mir klar, dass ich mein Handy tatsächlich verloren hatte. Nur wo? Bevor Ihr Neunmalklugen jetzt gute Ratschläge gebt, nein, mein Handy lässt sich nicht orten, und meine vielen Anrufe verhallten ungehört im Nirgendwo. 

So blieb mir nichts anderes übrig, als ein neues Mobiltelefon zu kaufen. Paul, mein Sohn, besorgte mir ein praktisches Exemplar, technisch nicht allzu ausgefeilt, um seinen Vater nicht zu überfordern („Alles andere kriegst Du nicht gebacken“). Ich fuhr inzwischen zum allwöchentlichen Großeinkauf, damit der hungrige Student beim Wochenendbesuch unseren Kühlschrank plündern konnte. Da ist es mit einem Salatkopf und einem Bund Radieschen nicht getan.

Als ich in Ermangelung von acht Armen beim Verstauen der vielen Einkaufstüten den Autoschlüssel auf dem Dach unseres Caddys ablegte, ertastete ich dort, Sie ahnen es, mein altes Handy. Schlagartig erinnerte ich mich, dass ich just denselben move auf dem demselben Parkplatz eine Woche zuvor beim Einladen des Einkaufs gemacht hatte. Eine geschlagene Woche hatte das Handy auf dem schwarzen Autodach gelegen, leicht verkantet am Dachträger und in rutschfester, leicht magnetisierter, schwarzer Hülle, während Hanna mit ihrer Freundin Nina, die aus dem fernen Norden auf Besuch war, in der Fränkischen Schweiz bergauf, bergab durch die Gegend gekurvt war.

Auf den ersten Blick ein überaus glückliches Ende. Doch, wo Licht ist, ist auch Schatten: Ich hatte zwar mein Handy wieder, konnte mir aber jetzt wochenlang Hannas Angeberei über ihren angeblich behutsamen Fahrstil anhören. Meine üblichen, hilfreichen Kommentare als Beifahrer („Du fährst heut‘ einen ziemlichen Stiefel zusammen“), die sie, so glaube ich, insgeheim immer sehr geschätzt hat, laufen seitdem völlig ins Leere. Paul wiederum schenkte ich zwar das neue Handy, aber da er ein seinem Papa ein Mobiltelefon eigens für Papas ausgesucht hatte, hatte er ein klassisches Eigentor geschossen.

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