Tauchgänge

von Michael Krennerich

Lange habe ich gezögert. Nun habe ich mich doch entschieden, einige Worte über das Tauchen zu verlieren. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass ich ein Tauchprofi bin. Allerdings nicht, weil ich schon unzählige Male in Cousteaus stille Welten abgetaucht wäre. Meine größten Unterwassererfolge waren schön anzusehende Luftblasen, die ich aufsteigen ließ. Die Grundschullehrerin war seinerzeit voll des Lobes. Nein, mein Wissen über Scuba Diving und alles, was dazugehört, stammt vom geduldigen Zuhören.

Hanna absolvierte jüngst mit Paul einen Tauchkurs – und hatte Redebedarf. Allabendlich erfuhr ich, was zu tun ist, wenn unter Wasser die Maske mit Wasser vollläuft, der Atemregler verlustig geht oder ein gefährdeter Tauchbuddy zu retten ist, dem die Luft knapp wird. Ganz zu schweigen davon, wie man sich verhält, wenn ein Hai oder ein neugieriger Oktopus auftaucht (Achtung: Wortspiel). Zwar konnten Hannas Ausführungen nicht mit dem Seemannsgarn mithalten, das ich gelegentlich spinne. Doch wusste sie bereits von manchem Tauchabenteuer zu berichten, als sie noch in voller Montur im städtischen Schwimmbad nixengleich ihre Unterwasserbahnen zog. Auf die Probleme des „Tarierens“ gehe ich an dieser Stelle mal nicht ein.

Inzwischen hat Hanna ihr Open Water Diving-Examen bestanden und Paul noch weitere Kurse absolviert. Jetzt kann er auch noch tief und nachts tauchen und in versunkenen Wracks nach Schätzen suchen, wenn mal das Geld knapp wird. Als bekennendes Landei bin ehrlich beeindruckt. Noch beeindruckter bin ich allerdings von der Tauchersprache, die beide erlernt haben. So gibt es Zeichen dafür, wenn man Pippi muss, und auch dafür, wenn es sich erledigt hat. Auch kann man Freude und Unmut gestenreich ausdrücken und sich sogar trefflich untereinander streiten. Allerdings sind auch Kommunikationsprobleme vorprogrammiert, und zwar nicht nur, wenn Hanna – wie beim Scrabble – neue Wörter in Unterwasserisch erfindet. Eine Hand auf dem Kopf, die eine Haiflosse anzeigt, kann leicht als Einladung zur heimischen Karnevalssitzung des Narrenkappen-Vereins 1911 e.V. missverstanden werden. Immerhin wäre dort ein Taucherkostüm mit Flossen, Taucherbrille und Schnorchel ein echter Hingucker.

Ich selbst bevorzuge übrigens das Freitauchen ohne Sauerstoffflasche oder, wie wir Profis sagen, das Apnoetauchen. Da muss man nur die Luft anhalten. Die Besten unter uns können über 100 Meter tief tauchen. Es ist aber nicht ungefährlich. Neulich habe ich in der Badewanne das Luftanhalten unter Wasser geübt, bin weggerutscht und beinahe ertrunken. Hanna, meine Frau, störte das wenig. Sie stand derweil mit Taucherbrille in der Küche, schnitt Zwiebeln und machte den verdutzten Nachbarn, die am Küchenfenster vorbeiliefen, Zeichen in der Tauchersprache. Was sie gesagt hat, weiß ich beim besten Willen nicht. Aber ich kauf‘ mir vorsichtshalber schon mal eine Narrenkappe.

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